,,Ich bin bereit zu einem emotionalen Porno, aber ich will, dass du ebenfalls Haut zeigst.“
Unter diesem eindringlichen Appell konfrontiert die Protagonistin Zuzia ihren Bruder, den Regisseur Mariusz Rusiński, und fordert ihn heraus, seinen Status als stiller Beobachter zu verlassen. Der polnische Dokumentarfilm „Moja siostra / Meine Schwester“, der die toxischen Dynamiken und Konflikte innerhalb der Familie Rusiński einfühlsam und ungefiltert dokumentiert, wurde nun mit dem angesehenen europäischen Filmpreis „GROSSE KLAPPE“ ausgezeichnet.
Am 8. November 2024 hatte der Philosophie-Kurs der 12. Klasse die Gelegenheit, im Filmforum die feierliche Preisverleihung mitzuerleben und den Gewinnerfilm zu sehen. Die „GROSSE KLAPPE“ wird jährlich von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) als Europäischer Filmpreis für politischen Kinder- und Jugenddokumentarfilm gestiftet und ist mit 5.000 Euro ausgeschrieben. Die Entscheidung über die Preisvergabe traf die achtköpfige doxs!-Jugendjury in Duisburg – darunter auch Julia Sophie Henrich und Nicolas Roman Niehues, zwei unserer Zwölftklässler. Da Mariusz Rusiński nicht persönlich anwesend sein konnte, nahm Mateusz Hernik, der Kameramann des Films und beste Freund des Regisseurs, den Preis stellvertretend entgegen.
Der Film „Moja siostra“ zeigt Zuzias verzweifelten Versuch, in einer zerrütteten Familie Halt zu finden. Die Jury lobte besonders den mutigen Perspektivenwechsel, als Rusiński selbst vor die Kamera tritt und die Konflikte aus einer persönlichen Nähe dokumentiert.
„Moja siostra“ ist ein schonungsloses Porträt der innerfamiliären Zerrüttung. Zuzia fühlt sich ohne Halt und Geborgenheit und flüchtet sich in den Drogenkonsum, während ihre Eltern vorwurfsvoll und hilflos auf die Krise reagieren. Durch die vielfältigen Kameraperspektiven wird die Realität aller Familienmitglieder sichtbar, ein eindrückliches Detail, das die Jury als „bemerkenswert“ würdigt. Die Ernsthaftigkeit und Empathie des Films hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck, wie die Juroren betonen.
Thomas Krüger, Präsident der bpb, bedankte sich bei der Jugendjury für ihre Entscheidung und hob hervor: „Der diesjährige Preisträgerfilm macht auf beeindruckende Weise anschaulich, wie fehlgeleitete, familiäre Prozesse eine Spirale der Sucht in Gang setzen können und gibt einem großen gesellschaftlichen Problem eine persönliche Geschichte.“
Die Schüler des Philosophie-Kurses zeigten sich beeindruckt von der Intensität des Films und der Bedeutung, die ein solcher dokumentarischer Einblick für das Verständnis komplexer sozialer Probleme haben kann. Der Besuch des Filmforums und die Teilnahme an der Preisverleihung gaben ihnen Gelegenheit, die Kraft des dokumentarischen Films als Medium zur Auseinandersetzung mit gesellschaftlich relevanten Themen zu erleben und reflektiert darüber nachzudenken, wie junge Menschen Unterstützung sowohl von ihren Familien als auch von der Gesellschaft benötigen, um ihre Identität zu finden und Krisen zu überwinden.
(Narin Albayrak, Leoni-Sophie Lehmann, Q2)